Anlässlich der
Vorstellung des jährlichen Rankings am 22. Januar 2015 in Berlin
Prof. R. Andreas Kraemer
Direktor, Ecologic Institut – www.ecologic.eu
Visiting Assistant & Adjunct Professor, Duke University
"Alle Jahre wieder", so könnte man sagen, "wird mit vielen
Tausend Mitwirkenden ein globales Ranking der Think Tanks erstellt, und der
Sieger ist immer die Brookings Institution aus den USA, und Chatham House aus
London wird Europameister". Auch im Jahre 2014 war es wieder so –
und das ist durchaus verdient.
Das Think Tank Ranking gab es erstmals für das Jahr 2006 und nun zum 8. Mal in
Folge. Jedes Jahr gibt es Verbesserungen in der Methode, neue Kategorien,
besser geographische Zuschnitte, und einen wachsenden und immer kompetenteren
Expertenpool, der am Ranking mitwirkt.
Jetzt waren es über Mitarbeiter von 6681 Think Tanks und über 9000
Einzelpersonen, die nicht in Think Tanks arbeiten, zusammen insgesamt über
21.500 Personen, die zur Mitwirkung eingeladen wurden.
Das Ranking ist ein "offenes und demokratisches Verfahren"; der
Verantwortliche, Prof. Dr. James McGann von der Universität von Pennsylvania,
hält nichts von Bewertungen in kleinen Gremien hinter verschlossenen Türen und
strebt eine weltweite Beteiligung an. So gab es über 3500 Wissenschaftler,
Journalisten, politischen Entscheider, Direktoren und Mitarbeiterinnen oder
Mitarbeiter der vielen Think Tanks, Förderer und Sponsoren, die bei der
Nominierung und den Abstimmungen mitgewirkt haben, und noch einmal über 1950
Experten für Regionen oder Themengebiete, welche das Ranking geprüft und seine
Qualität gesichert haben. In einer Art "Crowd-Sourcing"
kontrollieren sie die Arbeitsschritte, prüfen Plausibilität und identifizieren
so Fehler, die sich einschleichen können.
Auch die (etwa 30-40) Forschungspraktikanten im Think Tanks and Civil Societies
Program (TTCSP) an der Universität von Pennsylvania sind wichtig; das Ranking
hat nur ein kleines Budget und ist auf die Hilfe von zahlreichen Studenten
angewiesen.
Das TTCS-Programm der Universität von Pennsylvania hat Aktivitäten in knapp 100
Ländern und begleitet jetzt den Aufbau von regionalen und globalen sowie
thematischen Think-Tank-Netzwerken als Schritt zu dauerhaften
Partnerschaften. Die hier geschaffenen weltweiten Verbindungen helfen
nicht nur bei der Stärkung und Professionalisierung von Think Tanks sondern
auch bei der Datensammlung und Einwerbung von MItwirkenden für das Ranking.
Über die Jahre gab es eine Reihe von Verfeinerung in der Methode, in den
technischen, vor allem datentechnischen Grundlagen sowie in den geographischen,
thematischen und sonstigen Kategorien. Im 2014er Ranking waren dies vor allem:
• Die Kategorie "Gesundheit" wurde aufgeteilt in
"internationale" und "nationale" Gesundheitspolitik; auch eine
Reaktion auf die Ebola-Krise
• Eine Reihe von geographischen Zuweisungen wurde geklärt; Russland in letzter Entscheidung Europa zugeordnet
Weitere Schwachstellen bestehen und werden nach und nach angegangen:
• Einige Regionen sind unterrepräsentiert (auch weil es dort
weniger Think Tanks gibt)
• Besonders USA aber Nordamerika insgesamt und Europa sind
überrepräsentiert
• Möglicher "Bias" (Verzerrungen, die trotz der
breiten Teilnehmerbasis bestehen)
• Technische Probleme und Umständlichkeit (die mit der Zeit
abgebaut werden)
Deutsche Think Tanks im Rankingergebnis 2014
Bezogen auf die im Vergleich zum Vorjahr unveränderte Zahl von 194 Think Tanks liegt Deutschland auf dem 4. Platz
hinter den USA, China und Grossbritannien; Indien ist um einen Platz
zurückgefallen und liegt nun auf dem 5. Platz, gefolgt von Frankreich. Dieser 4. Platz ist Ausdruck der politischen Offenheit und Meinungsvielfalt
hierzulande. Herausragend ist die Stellung der politischen Stiftungen,
auch aufgrund ihrer internationalen Engagements. Diese belegen in der
entsprechenden Kategorie die Plätze 1-3, 6, 8, und 20; sie sind in vielen
Kategorien gut vertreten.
Erste Plätze werden auch belegt von
• Max-Planck Institut in der Kategorie "Wissenschaft und
Technologie"
• Transparency International in "Transparenz und gute
Regierungsführung"
• Münchner Sicherheitskonferenz in der Kategorie
"Think-Tank-Konferenz"
• Konrad-Adenauer
Stiftung und Friedrich-Ebert-Stiftung in
"Think-Tank-Netzwerke"
Zahlreich "im Feld gut vertreten" sind deutsche Think Tanks besonders in
den Kategorien:
• Weltweit
• West-Europa
• Wirtschaftspolitik
• Umwelt
• Think-Tank-Netzwerke
• Innovative Ideen
• Beste Themen-Kampagne
• Einfluss auf Politik
• Gewinnorientierte Think Tanks
Gar nicht vertreten sind deutsche Think Tanks in anderen Regionen der Welt sowie in den thematischen Kategorien:
• Bildung; was eine Ländersache ist und hierzulande hauptsächlich auf Deutsch diskutiert wird, weswegen die fehlende
internationale Ausstrahlung verständlich ist
• Energie & Rohstoffe; was angesichts von Energiewende
und Rohstoffsicherungsinteressen der deutschen Industrie erstaunlich ist. Die Energiewende ist ein Quell für "Soft Power" für Deutschland in aller Welt, aber die Strahlkraft des Themas wird offenbar nicht mit Think Tanks in Verbindung gebracht
• Gesundheit; was angesichts der rein nationalen Diskussion trotz der Bedeutung Deutschlands als
Leitmarkt der Gesundheitsindustrie nachvollziehbar und dennoch bedauerlich ist
Neben den politischen Stiftungen sind weitere deutsche Think Tanks öfters
gerankt:
• Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
• Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
• Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
• IfW Institut für Weltwirtschaft, Kiel
• IfO Institut für Wirtschaftsforschung (auch CESifo)
• Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
• Transparency International
• Ecologic Institut
• Bertelsmann Stiftung
• Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)
• Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Bei der Betrachtung des Ranking im Ganzen entsteht der Eindruck, dass
diejenigen Think Tanks im Vergleich besser abschneiden, die
• auch oder vorwiegend in englischer Sprache publizieren, was
auch den Einfluss stärkt,
• außerhalb des eigenen Landes oder in internationalen
Netzwerken präsent sind,
• kurze Namen haben und dabei auf Sonderzeichen verzichten,
und vor allem
• konsistent eine unverwechselbare englische
Namensentsprechung führen ("Branding").
Hier sind deutsche Think Tanks im Schnitt besser als andere in
nicht-englisch-sprachigen Ländern, aber sie können sicher noch mehr tun.
Das Ranking gibt Ansporn dazu.
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