Thursday, January 23, 2014

Bemerkungen zum 2013 Global Think Tank Ranking aus deutscher Sicht

Anlässlich der erstmaligen Vorstellung des jährlichen Berichts in deutschsprachiger Fassung am 22. Januar 2014 in Berlin

Prof. R. Andreas Kraemer
Direktor, Ecologic Institut – www.ecologic.eu


Man könnte sagen: "Beim jährlichen globalen Think Tank Ranking gibt es immer viel Aufwand und Aufregung, und am Schluss gewinnt die Brookings Institution."  Auf im Jahre 2013 stand dieser amerikanische Think Tank wieder unangefochten an erster Stelle weltweit, und das ist durchaus verdient. 

Das Think Tank Ranking gab es erstmals für das Jahr 2006 und nun zum 7. Mal in Folge.  Jedes Jahr gibt es Verbesserungen in der Methode, neue Kategorien, besser geographische Zuschnitte, und einen wachsenden und immer kompetenteren Expertenpool, der am Ranking mitwirkt.

Das Ranking ist ein "offenes und demokratisches Verfahren"; der Verantwortliche, Prof. Dr. James McGann von der Universität von Pennsylvania, hält nichts von Bewertungen in kleinen Gremien hinter verschlossenen Türen und strebt eine weltweite Beteiligung an.  So gab es Tausende von Think Tanks, Wissenschaftlern, Journalisten, politischen Entscheidern, Direktoren von Think Tanks, Förderern und Sponsoren, die mitgewirkt haben. 

Die dem Ranking zugrundeliegende Datenbank enthält derzeit (Januar 2014) insgesamt 6826 Think Tanks global; alle werden für das Ranking angeschrieben, was mit weiteren Kontakten in der Summe über 9000 Experten ergibt, die zur Teilnahme eingeladen werden. 

Wichtiger als die Zahl von 6826 der zur Beteiligung eingeladenen Think Tanks sind vielleicht die über 1950 Sachgebiets- und Regionalspezialisten in "Expertengremien", die auf S. 13 der deutschsprachigen Fassung des Rankingberichts aufgeschlüsselt werden.  In einer Art "Crowd-Sourcing" kontrollieren sie die Arbeitsschritte, prüfen Plausibilität und identifizieren so Fehler, die sich einschleichen können.  Auch die (etwa 30-40) Forschungspraktikanten im Think Tanks and Civil Societies Program (TTCSP) an der Universität von Pennsylvania sind wichtig; das Ranking hat nur ein kleines Budget und ist auf die Hilfe von zahlreichen Studenten angewiesen.

Das TTCS-Programm der Universität von Pennsylvania hat Aktivitäten in 83 Ländern und begleitet jetzt den Aufbau von regionalen und globalen sowie thematischen Think-Tank-Netzwerken als Schritt zu dauerhaften Partnerschaften.  Die hier geschaffenen weltweiten Verbindungen helfen nicht nur bei der Stärkung und Professionalisierung von Think Tanks sondern auch bei der Datensammlung und Einwerbung von Teilnehmern beim Ranking.

Über die Jahre gab es eine Reihe von Verfeinerung in der Methode, in den technischen, vor allem datentechnischen Grundlagen sowie in den geographischen, thematischen und sonstigen Kategorien.  Im 2013er Ranking namentlich (s. S. 11 der deutschsprachigen Fassung):
•    "Asien" wurde in 3 Regionen unterteilt
•    "Sicherheit und internationale Angelegenheiten" wurde in 2 Kategorien unterteilt
•    8 neue Kategorien wurden eingeführt

Weitere Schwachstellen bestehen und sollen in den nächsten Jahren angegangen werden (s. S. 11 des deutschsprachigen Berichts):
•    Einige Regionen sind unterrepräsentiert (auch weil es dort weniger Think Tanks gibt)
•    Besonders USA aber Nordamerika insgesamt und Europa sind überrepräsentiert
•    Möglicher "Bias" (Verzerrungen, die trotz der breiten Teilnehmerbasis bestehen)
•    Technische Probleme und Umständlichkeit (die mit der Zeit abgebaut werden)

Deutsche Think Tanks im Rankingergebnis 2013
Bezogen auf die Zahl von 194 Think Tanks liegt Deutschland auf dem 5. Platz.  Das ist Ausdruck der politischen Offenheit und Meinungsvielfalt hierzulande.  Herausragend ist die Stellung der politischen Stiftungen, auch aufgrund ihrer internationalen Engagements.  Diese belegen in der entsprechenden Kategorie die Plätze 1-3, 6, 8, und 20; sie sind in vielen Kategorien gut vertreten. 

Erste Plätze werden auch belegt von
•    Max-Planck Institut in der Kategorie "Wissenschaft und Technologie"
•    Transparency International in "Transparenz und gute Regierungsführung"
•    Münchner Sicherheitskonferenz in der Kategorie "Think-Tank-Konferenz"

Zahlreich "im Feld gut vertreten" sind deutsche Think Tanks auch in den Kategorien:
•    Weltweit
•    West-Europa
•    Wirtschaftspolitik
•    Umwelt
•    Think-Tank-Netzwerke
•    Innovative Ideen
•    Einfluss auf Politik

Neben den politischen Stiftungen sind weitere deutsche Think Tanks öfters gerankt:
•    Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
•    Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
•    Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
•    IfW Institut für Weltwirtschaft, Kiel
•    IfO Institut für Wirtschaftsforschung (auch CESifo)
•    Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin)
•    Transparency International
•    Ecologic Institut
•    Bertelsmann Stiftung

Bei der Betrachtung des Ranking im Ganzen entsteht der Eindruck, dass diejenigen Think Tanks im Vergleich besser abschneiden, die
•    auch oder vorwiegend in englischer Sprache publizieren, was auch den Einfluss stärkt,
•    ausserhalb des eigenen Landes oder in internationalen Netzwerke präsent sind,
•    kurze Namen haben und dabei auf Sonderzeichen verzichten, und vor allem
•    konsistent eine unverwechselbare englische Namensentsprechung führen ("Branding").

Hier sind deutsche Think Tanks im Schnitt besser als andere in nicht-englisch-sprachigen Ländern, können aber sicher noch mehr tun.  Das Ranking gibt Ansporn dazu.

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